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4 Min. Lesezeit Wirtschaft

Tote Hose Erdgeschoss

Tote Hose Erdgeschoss

Worum geht’s?

Leer. Leer. Leer. Zu vermieten.

Ich leide unter notorischer Neugierde und kann nicht anders, als beim Laufen durch den Kiez in Erdgeschossfenster zu schielen. Aktuell sieht man da recht häufig: nichts. Egal ob große Magistrale oder kleine Nebenstraße, viele Laden- und Büroflächen stehen leer, und das monatelang.

Warum ist das wichtig?

Mit ein Grund, weshalb Altbauviertel wie der Prenzlauer Berg so beliebt sind, ist die funktionale Mischung, wie Auskenner:innen sagen. Hier kann man wohnen, arbeiten, einkaufen und sich vergnügen, ohne den Kiez groß verlassen zu müssen.

Der letzte Schrei der aktuellen Stadtplanung ist die 15-Minuten-Stadt, in der alles für den Alltag Wichtige innerhalb von einer Viertelstunde erreichbar ist.

Wir leben das hier seit 1870. Doch wenn statt Büros, Läden und Cafés der Leerstand herrscht, ist dieses Ökosystem gestört.

Was sagt die Statistik?

Was sagen die Betroffenen?

Nils Busch-Petersen ist Geschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg. Er meint:

Gerrit Buchhorn in stellvertretender Vorsitzender des Berliner Hotel- und Gastronomieverbands (DEHOGA). Sein Statement:

Pia Lehmkuhl ist Center-Managerin der Schönhauser Allee Arcaden. Sie meint:

Was sagt die Politik?

So mannigfaltig die Probleme, so vielseitig die potentiellen Möglichkeiten, etwas gegen die Pleiten und den Leerstand zu tun.

Anfang Juni hat der Senat zu einem Zentrengipfel geladen und sich dazu entschlossen, erstmal zwölf Einkaufsstandorte gezielt zu fördern, darunter die Schönhauser Allee Arcaden. Was genau gemacht werden soll? Dafür wird jetzt erstmal ein Jahr lang ein Konzept erarbeitet. Denkbar sind wohl Dinge wie ein Zusammenschluss von Händler:innen, um eine gemeinsame Weihnachtsbeleuchtung zu organisieren und das Einkaufen damit noch mehr zum Event zu machen.

Auf Bezirksebene ist Pankows grüne Bürgermeisterin Cordelia Koch auch die Fachfrau für Wirtschaftsförderung. Sie sagt:

Was sagen die Vermieter:innen?

Leider: nichts. Ich habe diverse Interessenverbände angefragt und auch immer wieder nachgehakt. “Wenn sich der Herr X noch nicht bei Ihnen gemeldet hat, möchte er nichts dazu sagen”, war die konkreteste Antwort, die ich bekommen konnte.

Julianes Kommentar

Ja, die Altbaufassaden sind auch hübsch. Aber was ich am Prenzlauer Berg besonders mag, ist das Gewusel auf den Straßen. Da sind eben nicht nur Menschen, die früh zur Arbeit und abends zurück aufs Sofa hetzen, sondern Leute, die im Café sitzen, durch Postkartenaufsteller scrollen oder eine Sitzbank vor ihr Erdgeschossbüro gestellt haben.

Einerseits.

Andererseits sollte ich letztens 4,50 Euro für einen kleinen Kaffee und 4 weitere für ein Pain au Chocolat bezahlen, und irgendwo hört es dann auch auf. Wenn wir solche Preise brauchen, damit sich das für die Gastronom:innen noch rechnet, bin ich raus (außer, jemand erhöht noch rasch die Honorare für freie Journalistinnen. Werdet gerne zahlendes Mitglied, by the way).

Ich habe gar nichts gegen Veränderung. Doch wenn wir etwas verlieren, das die Stadtplanung gerade erst als mega-erhaltenswert wiederentdeckt hat, sollten wir vielleicht doch ins Nachdenken kommen. Viele Stellschrauben, um etwas gegen den Leerstand zu tun, gibt es (siehe oben) ja.